Dienstag, 10. März 2015

Allein in der Wildnis

Kaum ist die Erholungsphase in Collingwood abgeschlossen, gehts so schnell mich nette FahrerInnen mitnehmen auf zu meinem letzten "grossen" Ziel: Neuseeland, Nordinsel, Mount Taranaki. War mal als "Der einsame Berg" fuer den Hobbit im Gespraech. Der erste Blick auf den Berg, der da so unversehens aus der sonst komplett flachen Landschaft aufragt, verraet auch wieso:

Der einsame Berg: Ein ganz schoener Schinken.



Da der Gute bei schlechtem Wetter ein ziemlich unangenehmer Zeitgenosse ist, muss ich einige Tage in New Plymouth abwarten - da mir Land und Leute nach wie vor gefallen, ist das aber kein Problem :) Der Plan dann: Die Vier-Tages-Umrundung des Berges mit der Gipfelbesteigung kombinieren, die ich am ersten (und kuerzesten) Tag einbauen moechte.

Kaum passt das Wetter, gehts hochmotiviert Richtung Berg. Unberuecksichtigt blieb in meiner Planung die Karawane von Fuehrungen, die genau EIN MAL im Jahr ab 5:30 Uhr gen Gipfel zieht. Und: klar, der Tag ist genau jetzt. Stau am Gipfel? Pff... Ich hoffe stattdessen auf mein Glueck und entschliesse mich, den Berg erst zu umrunden. Fingers crossed!

Naeherer Blick auf den Mt. Taranaki. Gut 2.500 Meter hoch, vom Startpunkt immerhin noch 2.300. Dieser Aufstieg bleibt mir erspart - vorerst.



Statt wanderwuetigen Reisegruppen treffe ich so zunaechst ein paar verrueckte Kiwis, die Teile des Berges mit ihren selbstgebauten dreiraedrigen Gefaehrten runterheizen:

Na dann... Hals- und Beinbruch?!



Wetter passt, Touristenzahlen halten sich stark in Grenzen, die Ausblicke sind gut. Nicht ganz so erfreulich sind die vielen Treppen, auf denen ich den Berg hoch- und runteraechze. Mit noch komplett vollem Rucksack habe ich ganz schoen zu kaempfen... Zu lange in Collingwood gechillt?

Elendig: Treppen. 



Umso groesser ist dann die Freude, als die erste Huette endlich zu sehen ist:

Hurra, die Huette ist erreicht - fast! Daneben im Bild: Der Lake Dive.



... hier nochmal reingezoomt fuer alle LeserInnen, die gerade keine Lupe zur Hand haben.



Lake Dive - ein Name, der mal wieder komplett in die Irre fuehrt. Mich zumindest erinnert Dive - tauchen - an tiefes, klares Wasser. Der See ist so flach, dass ich auch in der Mitte beim Schwimmen noch von diversem Gruenzeug beruehrt werde und so schlammig, dass ich mich nachher nicht zwangslaeufig sauberer fuehle. Entschaedigt werde ich dafuer mit einem malerischen Tagesende:

Wunderschoener Sonnenuntergang - beschienen werden der Mount Taranaki (links) und sein "kleiner" Nachbar, Fanthams Peak. Benannt nach der guten Fanny Fantham, der ersten Frau, die da hochkletterte.



Nach einer eher ruhigen Nacht in der Huette - ich habe ein "Einzelzimmer" - ist der zweite Tag vor allem: neblig.

Nebel, Felsen, Schlucht. Durch die aus dem Dunst ein Falke auftaucht, dicht an mir vorbeifliegt und wieder im Nebel verschwindet. Das Schlagen seiner Schwingen sind das einzige Geraeusch. Surrealer Moment!


Manchmal ist das Ausmachen des Weges nicht ganz unproblematisch. Hier (gezoomter) Blick auf den naechsten Pole.



Und noch eine Eigenschaft bringt der zweite Tag, an dem ich mich bereits auf der Rueckseite des Berges befinde, mit sich. Er ist einsam. Kurz nach meinem Start treffe ich ein mir entgegenkommendes Maedchen, das den Berg auch alleine umrundet. Wir quatschen, vielleicht 15, 20 Minuten. Sie soll die einzige Person bleiben, der ich fuer zwei Tage begegne.

Der Gang ganz allein auf der Rueckseite des Berges ist irgendwie meditativ, macht mir aber richtig Spass! Zum Glueck kann ich mich ganz gut ab und koennte mich somit in schlechterer Gesellschaft befinden ;) Auch zum Abschiednehmen von Neuseeland fuehlt sich das angemessen an.

Ausblick von der zweiten Huette. Theoretisch mit Blick auf den Berg ;) Praktisch auch so noch ein Knaller!



Der dritte Tag ist sogar noch einsamer als der zweite. Tatsaechlich treffe ich niemanden. Macht nichts, Tim schwebt in leicht meditativer Trance alleine, zufrieden und in Gedanken versunken um den Berg. Hatte schon schlechtere Tage!


Hurra fuer passende Namen: Der Stony River. Good job, guys! Geht doch!



Tag drei wird ausserdem von viel nassem Gestruepp gepraegt, das zu einem bald durchweichten Wanderer fuehrt. Brrrr.



Am vierten Tag habe ich eigentlich das Gefuehl, mich beeilen zu muessen. Schliesslich will ich zusaetzlich zum "normalen" Programm auch noch den Gipfel besteigen. Aufgehalten werde ich jedoch von der wunderschoenen Morgenatmosphaere:

Magische Momente - Sonne, die in den von den Felsen aufsteigenden Dampf scheint.



...bis mich der erste "richtige" Blick des Tages auf den Berg mit Nachdruck in den Allerwertesten tritt.

Da scheint doch ein laengerer Aufstieg vor mir zu liegen... Immerhin: Ich habe tatsaechlich (mal wieder) Glueck, das Wetter spielt mit!

Ausserdem bin ich wieder auf der Vorderseite angelangt. Was gibts da?

Menschen!


Der Weg nach oben wird mir leider leicht erschwert. Durch mich selbst. Irgendwie lande ich auf einem alten Gebirgsjaeger-Pfad (oder was auch immer das gewesen sein mag...) und schleppe darum meinen grossen Rucksack inklusive Schlafsack, Kocher etc. viel weiter den Berg hoch, als notwendig waere. Hmpf. Wers nicht im Kopf hat... Der schwierigste Teil des Aufstieges wird dann aber nur noch mit Daypack bewaeltigt!


Geroellfeld - so aehnlich sah das damals am Schicksalsberg auch schon aus. Tim (Sternzeichen uebrigens: Steinbock) kommt aber gut hoch.


Der Blick in die andere Richtung zeigt unter anderem einen alten Vulkan - und das Meer!


(Fast) oben angekommen gehts noch kurz durch den Schnee, der im Krater der strahlenden Sonne trotzen kann...







... und dann das letzte Stueckchen Berg hoch zur phaenomenalen Aussicht vom Kraterrand. Zu der gehoert unter anderem der (fuer mich) seltene Anblick einer Wolke, die sich im Meer spiegelt. Woooah! :) Was gibts noch am Gipfel? Eine ueberraschende Begegnung mit drei Iren, die die Kulisse fuer ein Foto ihrer entbloessten Hinterteile nutzen. Hervorragend.
Die drei wirklich netten Jungs erklaeren sich ausserdem bereit, auch ein Foto von mir (in bekleidetem Zustand) zu knipsen:

Dat isser. Der Gipfel. Und Tim. War schon an schlechteren Orten.



Der Weg wieder runter laeuft auch ganz entspannt und so darf ich mich mit diesem wunderbaren Bild (sorry fuer die Uebergroesse) von euch verabschieden! Bis bald - ab dem 16. ist oben stehende Person wieder in Deutschland, schwerpunktmaessig im Ruhpott anzutreffen! Und freut sich, euch alle mal wiederzusehen!





PS: Die Karte durfte endlich ein Update erfahren und erhaelt jetzt meine komplette Reiseroute der fuenf Monate. Alle Geografieinteressierten sollten also schleunigst mal einen Blick darauf werfen!

Donnerstag, 5. März 2015

Mehr Viehzeug, mehr Tim, mehr Neuseeland - mehr awesomeness!


Hey ihr!

Weiter geht’s in Neuseeland, Greymouth. Da lerne ich unter anderem zwei israelische Mädels kennen, die Gitarre spielen und singen. Recht gut sogar. Überm Hosteldurchschnitt, vermute ich.
Als mich die beiden am nächsten Tag Richtung Arthur's Pass mitnehmen, wird meinem musikalischen Sachverstand wieder einmal Recht gegeben - die eine hat gerade ihr Album rausgebracht und wird jetzt im israelischen Radio gespielt. Reisen mit Stars? Nur angemessen, nachdem ich ja auch in Deutschland über der bekannten Schlagerikone Frank Chagall wohne!

Wir machen eins, zwei Wanderungen:
 
Wasserfall (wie stets aufgewertet durch kreative Namensgebung): Der Devil's Punchbowl.



Neben internationalen Künstlern gibt’s in Arthur's Pass außerdem weitere Keas, die den Ort unsicher machen. Vom unbeaufsichtigten Zurücklassen der Schuhe wird dringend abgeraten. Auch auf einem weiteren, ziemlich anspruchsvollen Track (vielversprechender Name: Avalanche Peak, also etwa: Lawinengipfel), begegnen mir zwei der Unruhestifter.

Trittsicherer Vogel: Der Kea.


Posieren vor Wildnis: Auch der Kea.



Nicht nur der Kea posiert:

Posieren vor Wildnis 2: Der Tim.


...und mit Blick in die andere Richtung.



Man kann sich übrigens noch cooler in Pose werfen als Kea und Tim:

Posieren vor Wildnis 3: Furchtloser Amerikaner. Ja, es geht zu beiden Seiten steil nach unten.



Der anschließende Weg die Westküste hoch ist einfach nur malerisch schön und erfüllt mich doch mit Wehmut – schließlich bin ich jetzt gefühlt schon auf dem Rückweg, die Richtung ist Norden, Auckland. Mein Bedürfnis, dieses fantastische Land hinter mir zu lassen, hält sich in Grenzen... Zu sehen gibt es (neben melancholischen Touristen) unter anderem die Pancake Rocks:

Vorne: Pancake Rocks. Hinten: Westküste.


...wurden übrigens geformt durch das auf dieser Seite Neuseelands doch etwas unruhigere Meer. Baden nicht empfohlen.



Nach kurzem Zwischenstop in Westport werde ich auf dem Weg nach Nelson nochmal zu einer Familie nach Hause eingeladen – extrem nett! Die Mutter hat an dem Tag sogar Geburtstag, abends gibt’s ne kleine Grill-Feier, jej! Ich als „German“ muss natürlich das Braten der Würstchen übernehmen. Ein Kompliment??
Gar nicht mehr gehen lassen wollen mich die Söhne des Hauses. Vorschlag: Tim sucht sich einen Job auf einer Obstfarm und zieht erstmal für eine Woche ein. Job? Tim? Unwahrscheinlich...


Weiter geht’s stattdessen in die Golden Bay, nach Collingwood. Mein letztes machbares Reiseziel auf der Südinsel. Nach recht anstrengender Hinfahrt – ich brauche insgesamt sieben Mitfahrten – ist das ganze wie Erholungsurlaub. Sonnenuntergänge, Strände, Zeit zum Denken und Schreiben, nette Begegnungen. Selten hat man einen entspannteren Tim gesehen. Eindrücke:


Gilt als einer der schönsten Strände Neuseelands: Wharariki Beach.

Die Felsformationen koennen sich auf jeden Fall sehen lassen.

Strandbewohner Robbenbabies: Planschen, tauchen und treiben allerlei Unfug. Nicht unähnlich gewisser Blogautoren, die ungenannt bleiben moechten.


Hier lässt sichs aushalten – Sonnenuntergang genießen in Collingwood.



Ach ja. Zum Abschluss meines Aufenthaltes kommen mir noch meine (unbeaufsichtigten) Schuhe abhanden. Vermutlich ohne Mitwirkung von Keas. Skandal! Das erste Mal, das mir auf meiner Reise was geklaut wird. Bei nicht unwarmem Wetter geht’s dann wohl in Wanderboots weiter...